Schmedenstedt ist total lebenswert

Ich freue mich, in Schmedenstedt zu leben

Irgendwie da draußen wird ja immer erzählt von der Kälte, in den Vereinen will sich niemand mehr engagieren, Freiwilligenämter können nicht mehr besetzt werden.

Natürlich gibt es so vereinzelt Menschen, die sich sichtbar engagieren. Aber die meisten – Distanz, Kälte, Wegsehen. Heißt es überall.

Nun, darum schreibe ich diese nicht erfundene Geschichte auf. Ich habe nicht alles selber erlebt, ich verändere die Personenbezogenen Dinge, vielleicht habe ich etwas falsch verstanden – aber die Quintessenz ist genau so!

Letzte Woche wohl Donnerstag tauchte sie erstmalig auf – eine ordentliche gepflegte Frau mit kleinem Täschchen oder Rucksack.

Sie saß auf einer Bank. Dann saß sie auf einer anderen Bank. Auf Ansprache meinte sie, das alles gut sei. Ihr Freund holt sie heute Abend ab.

Freitag saß sie auf dem Spielplatz, „ahh danke, einen Schluck trinken nehme ich gerne.“ Dann saß sie mal auf jener Bank, mal dort. „Nee, alles gut, ich habe alles“.

Erste Fragen unter den EinwohnerInnen. „Ab wann ist das unterlassene Hilfeleistung?“Irgendjemand brachte ihr einen Kaffee, jemand anderes eine Stulle.

Irgendwie war wohl allen klar, eine Wanderin war sie nicht. Nicht unhöflich, aber bestimmt, lehnte sie Hilfe ab und redete „Unsinn“ im Sinne von „Freund holt mich ab“ den dritten Tag, ….Immer freundlich ängstlich, aber nicht „gefährlich“.

Jemand rief die Polizei, vielleicht hatte die eine gute Idee. Besuch im Krankenhaus: Nö, alles gut, keine Gefahr.

Samstag immer mehr Shitwetter, die Frau nur mit T-Shirt und Bermuda – wie will die Nachts schlafen, und vor allem – wo.

Ich wurde gefragt, ob ich eine Idee habe, na ja, habe ich etwas zu trinken und eine silberne Rettungsdecke eingepackt und bin zu ihr gefahren, wir haben ein wenig geplauscht und etwas gemeinsam getrunken. Sie schläft wohl irgendwo in einer überdachten Scheuneneinfahrt, und ihr Freund holt sie nachher ab. An der Kleidung war zu sehen: On the road again, und keine Waschmaschine mit. Die Decke nahm sie dankend an, und ich habe ihr dann noch eine 5Minuten-Terrine gebracht und einen Tee. Am nächsten Morgen sagte sie, das jemand ihr Kaffee und Brote gebracht hat, da hat mein Herz geleuchtet.

Wir haben von der Kleiderkammer dann noch Sachen besorgt, mittlerweile war soviel Vertrauen bei ihr, das sie den Namen gesagt hat.

Wir haben dann die Familie gefunden und die Geschichte dazu gehört, Kontakt mit der Betreuerin herstellen können und damit dann auch bestätigt bekommen: Die Frau ist krank, aber nicht gefährdet oder gefährlich. Also haben die ganzen Hilfsangebote und erst Recht das Weglassen von Restriktionen der Frau das gegeben, was sie gerade brauchte: Annahme dessen, was ist, Zuwendung.

Sie hat immer mehr Kleidung annehmen können, war mit Essen und Trinken versorgt.

Dummerweise musste das Gartenamt der Stadt den Spielplatz aufräumen, Sand harken und Hecke schneiden – war das ein Versuch der Vergrämung? Oder lange geplant? Ich hoffe, zweites.

Jedenfalls war sie dann weg, wurde noch einmal in Dungelbeck gesehen, wo wir dann dort Bescheid gesagt haben und der Betreuerin den Weg gewiesen haben. Auch da kam nicht etwa „oh, eine Odachlose, hoffentlich kriegen wir die weg“ sondern „ok, wenn wir etwas sehen, sagen wir Bescheid und kümmern uns.“

Nun habe ich von der Betreuerin gehört: Sie ist wieder Zuhause.

Ich muss sagen, ich fühle mich hier wohl.

Andreas

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